Unermeßlich gunstvolle Obertanen!
Das ist
ein früher Frühling in diesem 2014er Jahr. Nach einem fast
schneelosen, milden Winter, ist die Natur ihrem gewohnten Werdegang
gut vier Wochen voraus – und Wien blüht!
Und da
gibt es auch allerhand zu blühen. Die prachtvollen Parks und
Gartenanlagen Wiens machen den Fussweg von Palais Riedl 1 zu Palais
Riedl 2 zu einem botanischen Erlebnis.
Und Wien
blüht auch im beschaulichen Garten des vom Großvater Riedl erworbenen Anwesens in der Windmühlgasse.
Die
ersten Knospen zweier Kirschbäumchen sind bereits offen, der
Rest hängt abschussbereit in der Nachmittagssonne. Eine paar letzte
Schneeglöckchen und Krokusse sowie die ersten Veilchen blühen, und
der seine Frostschäden überwunden habende Oleander macht gleich
mit. Nur der Goldregen lässt sich noch Zeit. Der ist nämlich
beleidigt, dass keine Menschenhand sich rührt, ihn gegen die
Zudringlichkeiten eines wilden Weins in Schutz zu nehmen.
Auch ich
kann hier nicht helfen, das wird der Oleander aushalten oder selber
klären müssen. Ich nämlich habe zu dieser Stunde keinerlei
Handhabe, der Zudringlichkeit wilder oder auch zahmer Weine zu
wehren, sondern eine halbe Flasche des von Meister Riedl
ausgeschenkten Messweins bereits hinter mir.
Ja, sicher! Ich habe gestern einen
gehetzten Medientag hinter mich gebracht. Das war Arbeit, eindeutig!
Aaaarrrrrbeit!! Capice?! Heute denke ich nicht daran, mich
weiterhetzen zu lassen und ein Wein in der prallen Sonne eines Frühlingsnachmittags ist stets Garantie, jeden Anflug von Hektik im Keim
zu ersticken.
Die
alkoholische Vorsichtsmaßnahme erweist sich bald als angebracht,
jedoch unnötig. Denn Meister Riedl kennt das Wort „Hektik“ bis
dato noch gar nicht, und Sir Roland Kollowatsch ist soeben zur
Zeitungslektüre in den Garten getreten und der Herr Lektor
lektüriert seine Zeitungen in einer Weise, die den Gang der Welt an
sich verlangsamt. Endlich kommt auch König Artur vorbei und
zerbröselt die letzten Zweifel an der gesicherten Trägheit des
verbleibenden Tages.
Später,
als ich mich aus dem gesicherten Terrain der Windmühlgasse wage,
erwischt mich die Hektik dann aber noch: ich flaniere mit Arturius
durch den Burggarten. Das Schmetterlingshaus ist heute geschlossen -
wie ich vermute der übertrieben hektischen Flügelschläge wegen,
die an diesem müssiggängerischen Tag reichlich unpassend wären. Was soll denn das
zappelige Geflatter?
Aber
jeh, was ist das? Als King Artur und ich uns unter das
Reiterstandbild vom Erzherzog Karl lagern, werden wir in unserem
Genuss der Abendsonne gestört durch eine unerhörte Attacke
ständiger Fremdhektik: Skateboarder!
Herrschaften, das
ist doch nicht der Sinn eines Reiterstandbildes, dass darauf
herumgeskateboardet wird! Und wieso eigentlich werden diese
Skateboarder pausenlos von den Touristen gefilmt und fotografiert,
während mein teurer Artur und ich glatt ignoriert werden, unterhalb
des berittenen Erzherzogs Karl? Ist das etwa nicht
dokumentationswürdig, wenn Menschen von Rang nach allen Regeln der
Kunst öffentlich untätig sind?
Endlich
kommt Polizei herangefahren: „Jetzt hat der Spuk gleich ein Ende!“
sage ich triumphierend. Aber weder werden die Skateboarder vom Fleck
weg verhaftet, noch die grausige Rockröhre, die auf dem
Erzherzoglichen Steinsockel für ein grausiges Video eines an sich hübschen Songs gefilmt wird. „Des is scheint's ois erlaubt...“ wundert
sich Artur. Zeiten sind das...
Bald ist
die Sonne weg, der Skateboarder bleibt. Was bleibt uns übrig: dann
gehen eben wir.
Wir
kommen am Denkmal für Maria Theresia vorbei. Das ist 20 Meter hoch
und das zahlreich abgebildete Personal schaut durch die Bank
miserabel gelaunt aus der galanten Granitwäsche. Na, serwas! Dann
vielleicht doch lieber die Skateboarder vom Erzherzog. Es ist auch
egal. Überhaupt ist mir alles wurscht heute: Wien blüht!
Prinz Chaos II.
21. März 2014
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