Prinzen-Proklamation
Zur Debatte um das Urheberrecht
1) Wir lieben Computer!
Als er bei seinem Kumpel Volker zum ersten Mal einen Commodore C64 erlebte, beschloss der kaum 10jährige Prinz, nicht eher zu ruhen, als bis er eine solche Wunderkiste sein eigen nennen würde. Der Prinz setzte seinen Wunsch durch.
In den kommenden Jahren ertrug er alle Macken des C64 geduldig und spielte Tag um Tag "Kaiser", das erste Strategiespiel moderner Zeitrechnung. Er bombardierte als "Blue Max" durch die Gegend, flog als "Elite" durchs All, warf bei "Ghostn Gobblins" mit Knochen um sich und stürzte sich bei den "Winter Games" von den höchsten Schanzen der Welt.
Danach baute ich auf einem Atari ST mit "Hanse" meine ersten Wirtschatfsimperien auf und brachte "Havoc" ins Kinderzimmer eines Eichenauer Reihenhauses.
2) Der Pirat ist hier der Prinz persönlich!
Bevor ich auf meinem ersten PC "Civilization" spielte und dabei die strategischen Grundlagen für das heutige Schlossprojekt erwarb, war ich auf dem Commodore Amiga auch Pirat.
Schon deshalb hat mir die Piratenpartei gleich gut gefallen. Ich mag Piraten und Freibeuter, habe mich diesem Berufszweig immer verbunden gefühlt - und wer einmal im Schloßspeicher stand, wird verstehen, warum sich der ehrwürdige Bau manchmal wie ein Schiff anfühlt. In unserem Schlosshof flattert neben einer Schweizer, einer Bayerischen und einer Regenbogenfahne auch die Flagge mit dem Totenkopf.
Und natürlich kamen wir an die oben genannten Computergames geradezu ausschließlich als Raubkopien, und das fanden wir alle sehr selbstverständlich und saucool.
Das geht heute schon lange nicht mehr. Für Computerspiele wird heute selbstverständlich bezahlt. Online-Games finanzieren sich durch Beiträge und / oder Werbung. Viele Game-Autoren sind heute steinreich, und das gilt nicht nur für den legendären Sid Meier.
Ich bin also nicht gegen Computer und schon gar nicht gegen das Internet. Wie könnte ich? Warum sollte ich? www.gayromeo.com hat das schwule Sexualleben revolutioniert, lange bevor es Facebook und StudiVZ und die anderen, wesentlich langweiligeren Kopien dieses Modells gab. Ich chatte gern und viel. Der Ruhm und die Musik von Prinz Chaos II. haben sich durch die sozialen Netzwerke und ja: auch und ganz besonders durch unseren youtube-Kanal "PrinzChaosTV" kontinuierlich verbreitet.
3) Urheber-Bashing ist kein Antikapitalismus
Der einzige Punkt ist nun: wenn Google=Youtube Milliardengewinne macht mit dem Content von Künstlerinnen und Künstlern, dann sollen sie auch zahlen dafür - und zwar an die Rechteinhaber: an die Autoren und Komponisten!
Es geht nicht an, dass die ganze Welt von der Macht der Monopole regiert wird - von der Energiewirtschaft und den Mineralölkonzernen, den Mediengiganten und Rüstungsgiganten, von der Lebensmittelmafia über die Kaste der EU-Bürokraten und Lobbyisten bis hin zur globalen Finanzoligarchie, zu Google, Microsoft und Apple.
Aber während sich über all diese Monopole scheinbar niemand wirklich aufzuregen wagt, wird die Tatsache, dass wir Urheber geistigen Eigentums lediglich beanspruchen, das Monopol auf unsere eigenen Werke zu haben, wütend bekämpft - und lächerlicherweise auch noch mit "antikapitalisischen" Reflexen aufgeladen.
Antikapitalismus sieht ganz anders aus. Nichts daran ist irgendwie rebellisch oder cool oder links oder fortschrittlich, Künstlerinnen und Künstler von ihren Werken zu enteignen, diese Enteignung zu fordern und zu forcieren. Wir Künstler besitzen in aller Regel nichts auf dieser Welt um unseren Lebensunterhalt zu bestreiten als eben uns selbst und unsere Werke.
Und wenn hier von teilen, sharen, teilen die Rede ist: wir teilen uns mit, wir geben uns auf der Bühne mit Leib und Seele hin, wir stellen uns mit einer Radikalität zur Verfügung, die kein anderer Berufsstand außer den Prostituierten erreicht - und oft genug und immer öfter verschleudern wir uns zu Dumpingspreisen.
4) Die GEMA im Interesse der Urheber reformieren!
Das werden wir nicht länger hinnehmen und mit mir meine ich auch wesentlich größere Fische im großen Musiktümpel als ich einer bin. Aber der Dauerangriff gegen das Urheberrecht und gegen die GEMA betrifft uns alle, große, kleine, sehr alternative und sehr kommerzielle Künstler.
Zur GEMA: der Laden ist zweifellos total reformbedürftig. Aber er muss im Sinne seiner Mitglieder reformiert werden, im Interesse der Autoren und Komponisten, und nicht im Interesse von Google - und auch nicht im Interesse derer, die für jeden Müll freudig die Geldkarte zücken, aber Kunst und Kultur immer nur zum Nulltarif haben wollen.
Auch diesen Wertverlust geistiger Arbeit werden wir nicht länger hinnehmen. Musiker sind bekanntermaßen sehr solidarisch mit den wirtschaftlichen Interessen der kleinen Leute, denn wir kommen fast alle von da weg. Aber wir arbeiten auch und mindestens so hart wie viele andere. Wir wollen von unserer Arbeit auch leben können, okay?
5) Forward2business
Ich war kürzlich in Halle. Gemeinsam mit Julia Neigel habe ich den Kongress "Forward2business" besucht. Julias Auftritt auf dem Podium hat mich überzeugt, dass wir unsere Jeanne d'Arc gefunden haben: selbstbewusst, fundiert und voller Angriffslust. Und genau das brauchen wir jetzt: die Einsicht, dass Künstlerinnen und Künstler über Macht verfügen!
Wenn wir uns zusammentun und koordinieren, wenn wir klare Forderungen entwickeln, welche Lücken im Urheberrecht dringend geschlossen und welche neuen Regeln in der digitalen Welt nötig sind, dann werden wir Gehör finden und die Lobby des ewigen Kulturdumpings in die Defensive zwingen.
Mein Song gehört mir!
-------------------------------------Prinz Chaos II.
Schloss Weitersroda, 29. September 2012
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